Padmasambhava, der 2. Buddha

Guru Rinpoche

" Wenn der Eisenvogel fliegt und die Reitpferde auf Rädern rollen, wird der Mann aus dem Schneeland seine Heimat verlassen müssen und der Dharma wird die Länder des rotwangigen Mannes erreichen”    Padmasambhava


Der Buddha dieses Zeitalters  



Wer ist Padmasambhava?


Im Tibetischen wird Guru Padmasambhava meist Guru Rinpoche „Kostbarer Lehrer“ genannt.

Guru Rinpoche ist ein vollkommen erleuchtetes Wesen, ein selbst manifestierter Buddha.

Er praktizierte nicht die Lehren des Buddha Shakyamuni, um Erleuchtung zu erlangen, sondern inkarnierte sich als bereits vollkommen erleuchtetes Wesen.

Buddha Shakyamuni sagte das Erscheinen von Padmasambahva voraus!

19 verschiedene Sutras und Tantras enthalten klare Vorhersagen bezüglich seiner Erscheinung und seiner Aktivitäten.

Als gemäß der Mahaparinirvana-Sutra Buddha Shakyamuni sein eigenes Mahaparinirvana (Verlassen seines Körpers) seinen Schülern ankündigte, machte sich Ananda, sein Cousin, Sorgen um den Fortbestand der Lehre. Deshalb wandte sich der Buddha an Ananda und sprach:

Acht Jahre nach meinem Mahaparinirvana, wird ein hohes Wesen mit dem Namen Padmasambhava in einer Lotosblüte erscheinen und die höchsten Lehren über die wahre Natur allen Seins verkünden zum Wohle aller fühlenden Wesen“– Buddha Shakyamuni Mahaparinirvana-Sutra

Buddha Shakyamuni verkündete, dass Padmasambhava eine höhere Verwirklichung als er selbst hätte. Natürlich gibt es nur eine Verwirklichung, aber es war seine Art auszudrücken, welch hohes Wesen Guru Padmasambhava sei und welche Wichtigkeit bei der Verbreitung des Dharmas und dessen Stabilisation in Tibet ihm zukommen würde.



Einigen alten Darstellungen gemäß ist Guru Rinpoche eine direkte Reinkarnation (Vajra Rede) des Redeaspektes von Buddha Shakyamuni. Buddha Shakyamuni selbst jedoch sagte, dass Padmasambhava eine Emanation von Buddha Amitabha und des Boddhisattvas Avalokiteshvara sei und bezeichnete ihn als „Verkörperung aller Buddhas der drei Zeiten.“

In den meisten Prophezeiungen wird Guru Rinpoche als ein erleuchteter Buddha bezeichnet, der in der materiellen Welt erscheint (Nirmanakaya), um allen Geschöpfen zu helfen.


Enthüllung der geheimen Lehren des Vajrayanas:

Buddha Shakyamuni lehrte hauptsächlich das “Hinayana” und das Sutra Mahayana, während Guru Padmasambhava das Vajrayana lehrte. Beide enthüllten den perfekten und kompletten Weg des Erwachens, sodass Individuen mit unterschiedlichen Veranlagungen davon profitieren können. Die Wahrheit der Lehre ist jenseits jeglicher konzeptioneller Denkweise.

Wenn die Lehre uns nicht jenseits unserer konzeptionellen Denkweise und begrenzten Erfahrungswelten führen würde, gäbe es keinen Grund unseren normalen Weg vom Verständnis der Dinge zu verlassen.

Um die ursprüngliche Natur des Seins zu erkennen, lehrte Buddha Shakyamuni stets, dass wir uns von unserer normalen dualistischen Denkweise, von den traditionellen Regeln, Glaubensrichtungen und Begrenzungen lösen müssen.

Die Bedeutung der höchsten Lehre ist für normale Menschen nicht einfach zu verstehen. Dies realisierend war der Grund, weshalb der Buddha 49 Tage lang nach seiner Erleuchtung schwieg. Er dachte, “Ich habe die ursprüngliche Natur und das wahre Sein aller Dinge erkannt, das klare Licht ohne jedwede Trübung der Erkenntnis gesehen. Diese Erkenntnis ist zu tiefgreifend, als dass ich sie ohne weiteres weitergeben kann. Deshalb will ich schweigen“.

Er wusste, wie schwer, ja oft sogar unmöglich es sein würde, seine Erkenntnis über die Wahrheit der Dinge zu vermitteln. Obwohl er anschließend unermüdlich 45 Jahre lehrte, war sein erster Reflex es nicht zu tun, da er die Diskrepanz zwischen seiner Erleuchtungserkenntnis und der normalen, den konzeptionellen Denken unterworfenen Ansichten als schier unmöglich zu überwinden ansah.

Sutra ist ein Sanskrit-Begriff mit der Bedeutung „verdichtet“ oder „zusammengefasst.“ Lehren, die diese Bezeichnung tragen, implizieren, dass diese Lehre verkündet wurde, um ein klares Verständnis der zwei Wahrheiten zu vermitteln, den relativen und den absoluten Aspekt der Realität. Die Sutras beinhalten Anweisungen, wie sich ein Schüler verhalten soll, um die Buddhaschaft zu erlangen.

Weil die Essenz und auch die Form dieser höheren Lehren jenseits der konzeptionellen Beschränkungen des Dualismus liegen, werden sie auch als „geheime Lehren“ bezeichnet, denn diese Lehren sind schwerer zu verstehen.

Die meisten der Aussagen des Buddhas  sind an normale Menschen gerichtet und bieten einen direkten Weg zum Verständnis der Natur der Dinge und der Zusammenhänge. Sie präsentieren einen nicht-esoterischen Weg und richten sich an das allgemeine logische Verständnis mit Prinzipien, die durch genaue Beobachtung der prozessualen Abläufe, die uns umgeben und die wir selber sind, täglich bestätigt werden können. Mit diesem Wissen kann man sich in die Richtung Erleuchtung auf den Weg machen. Dies ist die Intension der Mahayana-Sutras.

Das Vajrayana ist auch bekannt als Tantra. Die tantrischen Lehren basieren auf den Mahayana Sutras, bieten aber subtilere Methoden zur Erlangung der Erleuchtung.

Die Vajrayana Praxis ermutigt uns zu einem tieferen Einblick in die Möglichkeiten unserer Wahrnehmung, führt uns zu unserem ursprünglichen Zustand und lädt unseren Geist zum dortigen Verweilen ein. So betrachtet, sind die Sutras mehr die allgemeine Lehre, die die Natur des konzeptionellen Denkens und seiner Wahrnehmung beschreiben, während die Tantras, die verborgenen, subtilen Strukturen des Körpers, des Geistes und der Phänomene adressieren.

Aus diesem Grunde werden die Vajrayana Lehren nur weit fortgeschrittenen Schülern vermittelt.

Obwohl die Sutras und Tantras beide die gleiche Basis haben, geht das Vajrayana wesentlich weiter bezüglich des Verstehens und des Integrierens der transzendentalen Realität, befreit von unseren gewöhnlichen und konditionierten Ansichten. Das Praktizieren der Tantras kann die Erleuchtung innerhalb eines Lebens verursachen, sogar in einer relativ kurzen Zeitspanne. Die Beschleunigung dieses Prozesses ist der wesentliche Unterschied zwischen den Praktiken der Sutras und der Tantras.

Der Buddha lehrte die Vajrayana Lehren persönlich nur auserwählten Schülern. Nachdem der Buddha in das Mahaparinirvana eingegangen war, wurden diese geheimen Lehren von den Dakinis versiegelt. Als Guru Rinpoche erschien, enthüllten ihm die Dakinis diese Lehren und er verkündete diese zunächst seinen 25 auserwählten Schülern, den Vidjaharas.

Deshalb wird er auch als der Buddha des Vajrayana bezeichnet.


Buddha Shakyamuni’s Lehren, vom Hinayana bis zum Dzogchen, sind darauf ausgelegt, unser dualistisches Weltbild zu transzendieren und zu ersetzen durch die wunderbaren Erkenntnisse und Aktivitäten in der alles umfassenden großen Einheit. Dies ist der zentrale Punkt des Dharma und die eigentliche Intension eines jeden großen Unterweisers. Guru Padmasambhava’s Unterweisungen zeigen einen direkten Weg zu diesem Verstehen auf. Seine erleuchteten Aktivitäten und Unterweisungen sind besonders kraftvoll und effektiv in der Zerstörung unserer festgelegten Ansichten und der dualistischen Konzepte und führen auf direkten Wegen zur makellosen Erkenntnis der wahren Freiheit.

  
Yeshe Tsogyal, die Weisheitsdakini, sagte das Guru Padmasambhava 9.999 Biografien habe. Dies ist wahrhaft eine Menge! Diese Biografien sind dreifach geordnet in: (1) solche, die sich auf seine 108 Aktivitäten gemäß seiner Dharmakaya-Essenz beziehent (2) solche, die sich auf seine Sambhogakaya-Natur beziehen und solche, (3) die sich auf seine Aktivitäten als Nirmanakaya-Buddha beziehen.

  

Guru Rinpoche auf der Dharmakaya Ebene

Auf der Dharmakaya Ebene ist Guru Rinpoche der Ur-Buddha Samantabhadra. Untrennbar von Buddha Shakyamuni und allen erleuchteten Wesen ist seine Erscheinung niemals befleckt oder begrenzt. Er ist unsere wahre Natur als alles durchdringende Weisheit, vollständig erwacht und bar jedweder Konditionierungen.

   

Guru Rinpoche auf der Sambhogakaya Ebene

Das Dharmakaya erzeugt spontan aus sich selbst kontinuierlich die fünf Weisheiten in alle Richtungen. Diese „verkörpern“ sich als die 5 transzendenten Dhyani Buddhas (Adi-Buddhas) mit ihrem Gefolge. Diese Buddhas sind Padmasambhava in seiner Sambhogakaya-Form. Sie erzeugen das Licht der Weisheit, in dem sich alle leidenden Wesen in den sechs Bereichen befreien könnten.


Guru Rinpoche auf der Nirmanakaya Ebene: 

Unterschiedliche Emanationen von Guru Rinpoche erscheinen in jedem der 6 Wesensbereiche, genauso wie in jeder Richtung innerhalb dieser Bereiche, um den Wesen gemäß ihrer Fähigkeiten und ihres Reifegrades den Weg zur Erleuchtung zu lehren. Somit gibt einhundert Millionen Nirmanakaya Emanationen von Guru Padmasambhava, die den Wesen in den verschiedenen Universen helfen. Guru Rinpoche kann sich in jeder gewünschten Form in jeder dieser Bereiche zu jeder Zeit manifestieren. Er ist keinen Begrenzungen in irgend einer Weise unterworfen. Seine Unterweisungen variieren und sind abgestimmt auf die jeweiligen Bedürfnisse der zu unterweisenden Wesen.

   

In der dualistischen Betrachtungsweise, also im begrenzten weltlichen Sinne, werden Guru Padmasambhava’s Aktivitäten als Wunder bezeichnet oder gar belächelnd abgelehnt, aber von dem Gesichtspunkt der absoluten Realität aus betrachtet, sind dies keine ungewöhnlichen Phänomene. Sie sind nichts anderes als die spontane Aktivität der reinen Natur, des reinen Geistes. Aus der Perspektive der Erkenntnis, der Erleuchtung, sind unsere täglichen „Aktivitäten“, absolut unnatürlich. Aus dieser Sicht heraus sind wir alle große Magier, die tagtäglich das gänzlich Unreale heraufbeschwören.

  

Guru Padmasambhava’s spontane, nicht duale Aktivitäten: 

Guru Padmasambhava erschien auf der Erde als menschliches Wesen in seiner Nirmanakaya-Form. Um unsere Anhaftungen an das dualistische Konzept und die daraus resultierenden komplizierten, neurotischen Fixierungen zu zerstören, erschien er in jeweils „zweckdienlichen“ Manifestationen. Wenn wir versuchen sollten unsere Situation und unsere Fähigkeiten mit denen von Padmasambhava oder anderen erleuchteten, realisierten Wesen zu vergleichen, tauchen unvermeidlich Schwierigkeiten auf. Unsere Aktivitäten basieren auf dualistischen Ideen und gewohnheitsmäßigen Abläufen, während Padmasambhava‘s Aktivitäten spontan aus dem in sich ruhendem Gleichmut des reinen Geistes erscheinen. Diese Abläufe sind nicht zu verstehen, wenn der Fokus auf den dualistischen Konzepten verharrt.

  

Ein großer tibetischer Lehrer, Sakya Pandita erzählte von einem Mann, der in ein Land reiste, welches ausschließlich von Affen bewohnt war. Als dieser dort ankam, versammelten sich die Affen, um ihn in Augenschein zu nehmen. "Wie befremdlich“ dachten sie. „Das ist der ungewöhnlichste Affe, den wir jemals gesehen haben! Er hat überhaupt keinen Schwanz!“ Ähnlich geht es den Wesen, wenn sie von den Taten der erleuchteten Wesen hören. Sie denken, dies kann so nicht wahr sein, das ist bestimmt Magie oder mythisch, denn diese Taten sind nicht in Einklang mit unserer vorkonditionieren Auffassung, wie die Welt zu sein hat, zu bringen.

Es gibt viele Geschichten über die Geburt von Padmasambhava. Eine besagt, dass er urplötzlich auf dem Gipfel des Berges Malaya in Sri Lanka erschien. Eine andere besagt, dass er unter ungewöhnlichen Umständen aus dem Schoß seiner Mutter geboren wurde. Die meisten Berichte jedoch sprechen von einer unmittelbaren Erscheinung als 8-jährigen Knaben im Zentrum einer gewaltigen Lotosblüte auf dem Danakosha-See in Uddyana. Diese Geschichten sind nicht widersprüchlich, denn hoch realisierte Wesen sind in ihren Aktionen nicht begrenzt und können in der Ausdehnung des allumfassenden Geistes schlichtweg alles. Sie können Erscheinungsformen annehmen wie auch immer es die Situation erfordert oder sie selbst es wünschen und als notwendig erachten.  

 
Transzendierende Dualität:

Gemäß dem normalen, konventionellen Weg des Denkens ist etwas schwarz und kann deshalb nicht weiß sein. Üblicherweise kann nur eine dieser Festlegungen zutreffen: Schwarz oder Weiß! Wenn wir versuchen die Realität in dieses bedingende Konzept zu pressen, werden wir sehr engstirnig. Auf diese Weise zu agieren schließt für uns aus, die Dinge, die tatsächlich im Universum wirken, zu verstehen. Unser Blick durch das Schlüsselloch entdeckt nur sehr wenig von dem vollen Umfang des Universums. Wir sehen eben das, was wir gemäß der Begrenzung durch den einengenden Blick durch das Schlüsselloch sehen können. Chronologisches und lineares Denken ist charakteristisch für unser dualistisches Denken, welches unseren Blick und das Verstehen einengt. Wir müssen uns davon lösen, wenn wir mehr verstehen wollen! 

Buddha Shakyamuni lehrte, dass es unendliche Weltensysteme mit einer unendlichen Anzahl an Wesen gibt. Das ist der Grund, warum es auch unzählige erleuchtete Wesen gibt, die den Wesen helfen, die höchste Erkenntnis zu erlangen. Es gibt 36 Weltensysteme, die dem unseren ähnlich sind. In jedem dieser Welten gibt es verschiedene Emanationen von Guru Padmasambhava. 

Unsere eigene Welt hat 6 Bereiche: (1) Götter, (2) Halbgötter, (3) Menschen, (4) Tiere, (5) Hungergeister, und (6) Höllenbereiche. Um alle fühlenden Wesen zu befreien, gibt es einen speziellen Buddha und 8 Emanationen in den jeweiligen Bereichen von Padmasambhava. Also 8 Emanationen im Bereich der Götter, 8 Emanationen im Bereich der Halbgötter und so weiter. Jede dieser Emanationen hat spezielle Qualitäten, die zu den Bedürfnissen der zu helfenden Wesen passen. Im Bereich der menschlichen Wesen enthüllt Padmasambhava 108 Aktivitäten, die sich in seinen 20 Emanationen widerspiegeln, die wiederum zusammengefasst sind in seinen acht Manifestationen. Siehe hierzu: 8 Emanationen. 


"Der Weg, um Padmasambhava wirklich zu verstehen, ist das gesamte Universum als seine Widerspiegelung respektive als untrennbare Einheit mit ihm zu verstehen. Alle Phänomene erscheinen innerhalb des erleuchteten Raumes seiner drei Zentren des Körpers, der Rede und des Geistes“.  Khenpo Riponche

Das bedeutet, dass der geheime und absolute Guru Padmasambhava nichts anderes ist als die ursprüngliche Natur unseres Geistes!  Nur die dualistische Betrachtungsweise lässt uns denken, dass er außerhalb von uns ist!  In dem Moment, in dem wir uns von dieser Dualität befreien, erscheint uns der absolute Guru Padmasambhava, weil wir es selbst sind, denn in Wahrheit ist er immer anwesend.

Die wahre Natur des Geistes ist die Zuschreibung Guru Padmasambhava..oder umgekehrt!

Das ist die Essenz der Lehren des Buddhas! 



Obiges ist basierend auf Khenpo Rinpoches Text auf www.Padmasambhava.org in freier Übersetzung und einigen Ergänzungen meinerseits.